Die Energieeinsparverordnung (EnEV) bezieht sich auch auf geltende Normen und verlangt die Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik. Den Mindestwärmeschutz der wärmeabgebenden Außenhülle von Gebäuden regelt die DIN-Norm 4108-2: 2001-03 und die baurechtlich eingeführte DIN 4108 T2 (1981). Gelegentlich kommt es vor, dass vom Bauherrn ausdrücklich eine Unterschreitung der EnEV-Anforderungen gewünscht wird. Wie gestaltet sich in diesem Fall die Haftung des Architekten / Planers?
Praxis
Bauvorhaben: Bei einer Baumaßnahme soll eine bestehende alte Scheune zu einem Wohnhaus mit mehreren Mieteinheiten umgenutzt werden. Es ist angedacht, diese Mieteinheiten zu einem späteren Zeitpunkt in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Konstruktion: Die Fassade bzw. Außenwand besteht aus Ziegelmauerwerk, das eine Mindestdicke von 50 cm Dicke aufweist. Diese Fassade steht unter Denkmalschutz.
Nachweis Wärmeschutz: Der Mindestwärmeschutz kann für diese Außenwände nach der baurechtlich eingeführten DIN 4108 T2 (1981) erbracht werden. Die erhöhten Grenzwerte nach DIN 4108-2:2001-03 werden jedoch nur unter Berücksichtigung einer zusätzlichen (Innen)dämmung erfüllt. Die weiteren Außenbauteile (Dach, Bodenplatte usw.) erfüllen den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2:2001-03.
Baumaßnahmen: Die zusätzliche Innendämmung der Außenwand ist vom Bauherrn, der auch gleichzeitig Architekt dieses Bauvorhabens ist, jedoch nicht erwünscht, da auf der Innenseite der Fassade Sichtmauerwerk angestrebt wird. Der Bauherr hat dem Fragesteller (Architekt bzw. Planer) schriftlich bestätigt, dass er nur die Berücksichtigung der zur Zeit baurechtlich eingeführten Anforderungen wünscht und dass ihm die erhöhten Anforderungen nach dem Stand der Technik (DIN 4108-2:2001-03) bekannt sind.
Frage
1. Ist der Architekt / Planer durch diese schriftliche Bestätigung gegenüber seinem Auftraggeber rechtlich ausreichend abgesichert hinsichtlich Schäden, mangelhafter Planung usw.?
2. Wie gestaltet sich die Haftung des Architekten / Planers gegenüber Dritten (etwa Mieter oder zukünftige Eigentümer)?
Antwort
1. Haftung des Architekten / Planers gegenüber dem Auftraggeber Sofern der Architekt bzw. Planer seinen Prüfungs- und Warnpflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist, entsteht eine vertragliche Gewährleistungspflicht grundsätzlich nicht bei Mängeln, die ihre Ursache ausschließlich im Verantwortungsbereich des Auftraggebers haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Mangel - wie hier - auf eine ausdrückliche Anweisung des Bauherrn zurückgeht, der zudem über die erforderliche eigene Sachkunde verfügt. Es ist dennoch ratsam, die vorliegende schriftliche Bestätigung dahin zu erweitern, dass der Bauherr ausdrücklich auf in Betracht kommende Gewährleistungsansprüche im Hinblick auf den fehlenden Mindest-wärmeschutz verzichtet.
2. Haftung des Architekten / Planers gegenüber Dritten Entfernt denkbar sind deliktische Schadensersatzansprüche Dritter - beispielsweise künftiger Mieter - etwa für den Fall, dass deren Eigentum aufgrund der unzureichenden Wärmedämmung beschädigt wird (man denke an Feuchtigkeitsschäden). Solche Schadensersatzansprüche können durch eine Vereinbarung mit dem Bauherrn nicht ausgeschlossen werden. Letzterer könnte sich in einer schriftlichen Vereinbarung allenfalls zur Freistellung des Auftragnehmers von derartigen Ansprüchen verpflichten. Im Falle einer Insolvenz des Bauherrn wäre die Freistellungsverpflichtung allerdings wertlos. Dieses verbleibende Risiko könnte noch durch eine zusätzliche Verpflichtung des Bauherrn verringert werden, künftige Mieter auf die nicht ausreichende Wärmedämmung hinzuweisen. Kommt der Auftraggeber seiner Hinweispflicht nach, sind Schadensersatzansprüche der Mieter ausgeschlossen.
Autor der Antwort
Dr. jur. Christoph Ulmschneider
Partner in der Kanzlei Dr. Ulmschneider & Kollegen, Rechtsanwälte,
Stuttgart
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EnEV-Dokumente und relevante Normen
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