Messstrategien


Schälgeschwindigkeit

 
 

Eine der am häufigsten gemessenen Eigenschaften von Haftklebebändern ist der Widerstand gegen Abschälen. Er wird durch ein festgelegtes Verfahren ermittelt, bei dem man einen Streifen des Klebebandes von einer unnachgiebigen Oberfläche abschält. Im Allgemeinen wird die Schälkraft als Haftkraft bezeichnet. Es ist allerdings zu beachten, dass tatsächlich auftretende Belastungen von Haftklebebändern meist nicht dem Schälen entsprechen und somit nicht die Leistungsfähigkeit der Verklebung wiedergeben.

Haftklebstoffe sind viskoselastische Materialien. Sie reagieren auf äußere Spannungen sowohl viskos als auch elastisch. Die Art ihrer Reaktion hängt von der Kraftaufbringungsgeschwindigkeit und der Temperatur ab [5].
 
Abb. 1 zeigt eine qualitative Darstellung des Verlaufs der Schälkraft in Abhängigkeit von der Schälgeschwindigkeit. Im Bereich niedriger Schälgeschwindigkeiten (punktierte Linie) wird das Versagen vom viskosen Fließen des Klebstoffes bestimmt. Der Klebstoff zieht Fäden, welche zerreißen und zu einem Kohäsionsbruch führen. Da durch das Fließen die Spannungen sehr weit abgebaut werden, sind sie an der Grenzfläche (Klebstoff/Substrat) nicht groß genug, um einen Adhäsionsbruch zu verursachen. Der größte Energieanteil geht in die Deformation des Klebstoffes ein. Da die Spannungen auf das Klebstoffvolumen verteilt werden, sind die Schälwiderstände in diesem Geschwindigkeitsbereich relativ hoch. Sobald der in seinem elastischen Bereich verformte Klebstoff die Spannungen aufnehmen kann, kommt es zu einem adhäsiven Versagen [5].

Der Übergang von viskosem Fließen zum adhäsiven Versagen wird durch eine zunehmende Versprödung des Klebstoffes mit steigender Umformungsgeschwindigkeit und der damit verbundenen verstärkten Spannungskonzentration in der Trennzone herbeigeführt. Dieser Effekt wird neben der Schälgeschwindigkeit auch von der Temperatur beeinflusst (niedrige Temperaturen verlagern den Übergang zu kleinen Geschwindigkeiten) [5].
 
 

 

Abb. 1 - Schälkraft in Abhänigkeit von der Schälgeschwindigkeit.


Materialwahl und Messmethode

 
 

Im Rahmen des Forschungsprojekts werden Messungen mit 12 auf dem Markt erhältlichen Klebebändern durchgeführt. Die Bänder werden auf 4 unterschiedlichen Substraten verklebt. Als Substratmaterial finden 3 PE-Folien mit unterschiedlicher Oberflächenspannung (PE-Folie 1 mit ca. 30 mN/m, PE-Folie 2 u. 3 mit ca. 40-42 mN/m) und ein Sperrholz Verwendung. Bei der PE-Folie 1 wird ein Material herangezogen, welches eine Oberflächenspannung von 30 mN/m besitzt. Dieser Wert entspricht der unteren Grenze der Oberflächenspannung üblicher PE-Folien und führt, wie zuvor beschrieben, zu ungünstigem Verhalten der Klebeverbindung. Stellvertretend für Holzwerkstoffe wird Sperrholz gewählt. Bei Sperrholz besteht die Gefahr der Delamination (Herausbrechen einzelner Holzstücke) nicht und die Reproduzierbarkeit (Bereitstellung immer gleicher Qualität und Oberflächenbeschaffenheit) des Substrates ist gegeben.
 
   

Künstliche Alterung

 
 

Die Alterungsbeständigkeit von Klebebändern ist ein wichtiges Kriterium für die Eignung im Bereich luftdichtes Bauen. Im Folgenden werden die grundsätzlichen Versagensmechanismen unter dem Einfluss von Technoklimaten beschrieben. Der Begriff Technoklimate steht für das Einwirken von Umwelteinflüssen, wie z.B. hohe Temperaturen oder flüssige und gasförmige Medien. Hohe Temperaturen bewirken ein unerwünschtes Nachhärten des Klebstoffs und es kommt zu einer Versprödung. Durch die Einwirkung von wässrigen Medien kommt es zu einem Aufquellen und Auslaugen des Klebstoffes. Das Aufquellen der Klebschicht führt zu einer Reduzierung des Elastizitätsmoduls und des Schubmoduls. Der Werkstoff kann unter Klimaeinfluss zeitabhängige Veränderungen wichtiger Eigenschaften erleiden. Diese Vorgänge werden als Alterung bezeichnet [4].

Basis der Untersuchungen der künstlichen Alterung bildet ASTM D 3611 [6], die ein Verfahren zur Untersuchung von Haftklebebändern in unverklebtem Zustand beschreibt. Auf der Grundlage von ASTM D 3611 wird der Versuchsaufbau erstellt und die Versuchsdurchführung bei 65 °C Lufttemperatur und einer relativen Luftfeuchte von 80 % vorgenommen. Unter den genannten Voraussetzungen entsprechen laut ASTM D 3611 96 h bescheunigter Alterung 2 Jahren natürlicher Alterung. Die genannten Angaben der natürlichen Alterung beziehen sich auf die Lagerzeit von Klebebändern in unverklebtem Zustand.

In SATAS [7] wird hinsichtlich der künstlichen Alterung ein Verhältnis von 7 Tagen zu 1 Jahr angegeben. Hierbei handelt es sich um eine Untersuchung zu chirurgischen Pflastern bezüglich ihrer Lagerungszeit und der künstlichen Alterung. In Bezug auf SATAS entsprechen 42, 119 und 210 Tage künstlichen Alterung 6, 17 und 30 Jahre natürlicher Alterung.

Vorversuche im Hinblick auf die künstliche Alterung werden für eine Klebeband-Substrat-Kombination mit einem Acrylatklebeband und einer PE-Folie durchgeführt. Der in Abb. 2 dargestellte Schälkraftverlauf ist nach 48 Stunden Aushärtungszeit gemessen worden. Nach 350 Tagen künstlicher Alterung der gleichen Klebeband - Substrat - Kombination ist ein deutlicher Rückgang der Schälkraft zu beobachten (Abb. 3).
 
 
 
Abb. 2 - Referenzfall T0.

Abb. 3 - Nach 350 d beschleunigeter Alterung.

 

Verklebung bei niedriegen Lufttemperaturen

 
 

Um die Anfangshaftung der Klebebänder im Hinblick auf die Verarbeitbarkeit unter praxisnahen Klimabedingungen im Winter zu beurteilen, wird ein von der Norm abweichendes Verfahren herangezogen. Untersucht wird die Anfangshaftung bei 5 °C und -5 °C Lufttemperatur. Die Schälkraftwerte FS,m des Lastfalls bei niedrigen Lufttemperaturen werden den Werten FS,m,R des Referenzfalls bei 23 °C Lufttemperatur und 50 % relativer Luftfeuchte gegenübergestellt und bewertet (Abb. 4).
 

 

Abb. 4 - Verklebung bei -5 °C Lufttemperatur.

 

 


[4] Geiß P.: Verarbeitungskonzepte und Belastungskriterien für Haftklebstoffe, Dissertation Universität Kaiserlautern, ISBN 3-927235-25-3 1998.
[5] Hüther, Ralf: Ein Beitrag zur Klärung der Adhäsionsmechanismen von Haftklebstoffen. Ralf Hüther. -Als Ms. gedr.- Aachen: Shaker, 1995 Zugl.: Kaiserslautern, Univ., Diss., 1995.
[6] ASTM: D 3611-77 (Reapproved 1981) American Society for Testing and Materials Standard Practice for Accelerated aging of pressure sensitive tapes.
[7] Satas, D. (ed.) "Handbook of Pressure Sensitive Adhesive Technology" Van Nostrand Reinhold, New York, 2nd Edition, 1989, S. 75, ISBN 0-442-28026-2.