Gesetzentwurf zu Reform des Mietrechts: Mehr Rechte für Vermieter bei Sanierung

News-Artikel vom 2012-05-27priority

Nach dem Willen der Bundesregierung soll das Mietrecht geändert werden: So können Vermieter in Zukunft auch gegen den Willen der Mieter ihre Gebäude sanieren und die Mieter dürfen drei Monate lang nicht wegen Bauarbeiten die Miete mindern, wenn die Arbeiten dazu dienen, das Haus energetisch zu sanieren.

Mit einem "modernen Mietrecht" soll die Energiewende unterstützt werden. Das neue Mietrecht schafft nach Ansicht der Bundesregierung Anreize zur energetischen Sanierung, schafft Abhilfe gegen das sogenannte Mietnomadentum und stärkt den Mieterschutz bei der Umwandlung von Miete in Eigentum. 

RegE: Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (PDF, 378 KB, Datei ist nicht barrierefrei)

Geteiltes Echo

Vermieter und Hausbesitzer zeigten sich zufrieden mit dem Gesetz. "Das jetzige Mietrecht war ein Hemmnis für die energetische Sanierung", sagte Gerold Happ, Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus & Grund. "Das wird nun wesentlich leichter." Dagegen sprach Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips von "Scheinlösungen für ein Scheinproblem". "Die Vorstellung, dass Mieter eine Sanierung vereiteln, ist absurd", sagte er.

Ähnlich äußerten sich Verbraucherschützer. "Das Mietrecht ist sicher nicht der entscheidende Grund für die ausbleibende Sanierung von Gebäuden", sagte Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. "Da fehlt es vor allem an steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten."

Einzelaspekte der Reform: Energetische Modernisierung

Die Reform schaffe "Rechtssicherheit für investitionswillige Vermieter", so Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die Mietrechtsreform erleichtert energetische Modernisierungen im vermieteten Wohnraumbestand. Um die Energieeffizienz dieses „schlafenden Riesen“ zu wecken, schafft das neue Mietrecht richtige Anreize, indem der Mietminderungsanspruch bei energetischen Sanierungen erst nach drei Monate geltend gemacht werden kann. Umgekehrt profitieren die Mieter von geringeren Nebenkosten. Der Vermieter darf wie bei anderen Sanierungen auch nach geltendem Recht jährlich maximal 11 Prozent der Kosten für die Modernisierungen auf die Miete umlegen.

  • Die Vorschriften über die Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (bisher: § 554 BGB) werden reformiert. Größeres Gewicht erhält der neu geschaffene Tatbestand der "energetischen Modernisierung". Er umfasst alle Maßnahmen, die zur Energieeinsparung in Bezug auf die Mietsache beitragen, etwa den Einsatz von Solartechnik für die Warmwasserbereitung. Das schafft Rechtssicherheit für den investitionswilligen Vermieter.
    Der Modernisierungsbegriff soll in verschiedene Kategorien baulicher Veränderungen unterteilt werden u.a.:
    - Energetische Modernsierung: nachhaltige Einsparungen von Endenergie oder nicht erneuerbarer Primärenergie in Bezug auf die Mietsache
    - Sonstige energiesparende oder klimaschützende Modernisierungen: nachhaltige Einsparungen von nicht erneuerbarer Primärenergie oder nachhaltiger Klimaschutz auf sonstige Weise
    - Nachhaltige Reduzierungen des Wasserverbrauchs
  • Energetische Modernisierungen sollen für eine begrenzte Zeit von drei Monaten nicht mehr zu einer Mietminderung (§ 536 BGB) führen. Ist etwa eine Dämmung der Außenfassade mit Baulärm verbunden, ist für die Dauer von drei Monaten die Mietminderung wegen dieser Beeinträchtigung ausgeschlossen. Ab dem vierten Monat kann eine Mietminderung wie bisher geltend gemacht werden, sofern die Baumaßnahme bis dahin nicht abgeschlossen und die Nutzung der Wohnung weiter beeinträchtigt ist. Der vorübergehende Minderungsausschluss gilt nur für energetische Modernisierungen. Bei anderen Modernisierungen (z.B. Modernisierung eines Bades) bleibt es beim unbeschränkten Minderungsrecht. Unberührt bleibt natürlich auch das Recht des Mieters zur Mietminderung, wenn die Wohnung wegen der Baumaßnahmen nicht mehr benutzbar ist.
     
  • Bei dem Grundsatz, dass die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen mit jährlich maximal elf Prozent auf die Miete umgelegt werden können, wird das geltende Recht nicht verändert (§ 559 BGB). Die Umlagemöglichkeit gilt auch für die energetische Modernisierung. Kosten für Erhaltungsaufwendungen, die mit Modernisierungen verbunden sind, berechtigen nicht zur Mieterhöhung. Dieser Abzugsposten wird im Mieterinteresse künftig ausdrücklich geregelt; diese Klarstellung fehlte im Gesetz bislang.
  • Bisher konnte sich der Beginn von Modernisierungsmaßnahmen verzögern, wenn der Mieter vorträgt, dass die gesetzlich vorgesehene Umlage von Modernisierungskosten eine für ihn unzumutbare wirtschaftliche Härte sei. Diese Härtefallprüfung wird in das spätere Mieterhöhungsverfahren verlagert, damit die Modernisierung zunächst ohne Verzögerungen realisiert werden kann. Beruft sich also ein Mieter darauf, dass er nach seinem Einkommen eine spätere Modernisierungsumlage nicht verkraften kann, so kann der Vermieter die geplante Maßnahme dennoch durchführen. Das schafft Planungssicherheit in der Bauphase. Der Härtegrund der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird im Mieterhöhungsverfahren nach Abschluss der Maßnahmen geprüft, auch der Abwägungsmaßstab wird nicht verschärft. Der Mieter behält also seinen umfassenden Schutz vor Mieterhöhungen, die er nicht tragen kann. Er muss also, wenn der Härtegrund gegeben ist, trotz zu duldender Modernisierung später eine mögliche erhöhte Miete nicht zahlen.
  • Die formalen Anforderungen an die Begründungspflichten des Vermieters bei Modernisierungen werden gesenkt, um überzogene Anforderungen zu beseitigen. Der Vermieter kann sich etwa auf anerkannte Pauschalwerte berufen, um die Wärmeleitfähigkeit alter Fenster zu beschreiben, die ausgetauscht werden sollen. Die Rechtsprechung verlangt hier bisher teilweise kostspielige Sachverständigengutachten.
  • In den Vorschriften über die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) wird gesetzlich klargestellt, dass die energetische Ausstattung und Beschaffenheit bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berücksichtigen sind. Energetische Kriterien sollen so künftig auch verstärkt in Mietspiegeln abgebildet werden.


Kritik vom Mieterbund

Mit dem Mietrechtsänderungsgesetz entfällt das Mietminderungsrecht bei Baumaßnahmen zur energetischen Modernisierung für drei Monate völlig ausgeschlossen werden. Das bedeutet, trotz Baulärms, Dreck, Einrüstung des Gebäudes und Verdunklung der Wohnung oder trotz Ausfall der Heizungsanlage und der Warmwasserversorgung soll der Mieter weiter die volle Miete zahlen.

„Damit schafft die Bundesregierung ein ‚Grundrecht für Verbraucher‘ teilweise ab. Egal, ob im Kaufrecht, Reiserecht oder bei Handwerkerverträgen – niemand muss 100 Prozent zahlen, wenn die Gegenleistung nicht zu 100 Prozent erbracht wird“, erklärte Siebenkotten.

Darüber hinaus sollen sich Mieter künftig auf Härtegründe im Vorfeld der Modernisierungen nur noch einen Monat lang berufen können. Der Einwand der wirtschaftlichen Härte, wonach die Miete nach der Modernisierung unbezahlbar wird, soll nicht mehr vor Beginn der Arbeiten geprüft werden, sondern im Mieterhöhungsverfahren selbst. Außerdem sollen die formalen Anforderungen an die Begründungspflicht des Vermieters bei Modernisierungen gesenkt werden.


Quelle: Bundesministerium der Justiz - Haus & Grund Deutschland  |  Bildnachweis: shoot4u - Fotolia.com