Hessen führt „Fast-Nullenergie“-Standard für den staatlichen Hochbau ein
News-Artikel vom 2010-09-10 |
In Hessen gelten ab sofort im staatlichen Hochbau des Landes neue, einheitliche Standards für die Energieeffizienz von Neubauten und Bestandsgebäuden. „Das Ziel der neuen Standards ist die nachhaltige Verminderung von Treibhausgas-Emissionen im Rahmen der Strategie einer CO2-neutralen Landesverwaltung“, erläuterte Umweltministerin Lautenschläger. Finanzminister Weimar, dem die hessische Bauverwaltung untersteht, ergänzte, dass nach den verschärften Standards alle Neubauten als „Fast-Nullenergiegebäude“ zu errichten seien. „Damit übertrifft der Neubaubestand des Landes in absehbarer Zeit sogar das energetische Passivhaus-Niveau“, so Weimar. Nach Angaben der landesregierung sind die nun in Hessen verankerten energetischen Schwellenwerte flächendeckend in Deutschland erst im Jahr 2019 im Rahmen der Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie zu erwarten.
Ziel: CO 2-neutralen Landesverwaltung
Hessen setzt einen weiteren, wichtigen Baustein seiner Nachhaltigkeitsstrategie in die Praxis um. Wie Umweltministerin Silke Lautenschläger und Finanzminister Karlheinz Weimar heute in Wiesbaden mitteilten, gelten ab sofort im staatlichen Hochbau des Landes neue, einheitliche Standards für die Energieeffizienz von Neubauten und Bestandsgebäuden. Mit dem künftigen „Fast-Nullenergie“-Standard, der auch für den Hessischen Hochschulbau sowie für PPP-Projekte gelten soll, ist Hessen nach Angaben von Lautenschläger und Weimar der Zeit energiepolitisch weit voraus. Denn die in Hessen nun verankerten energetischen Schwellenwerte seien flächendeckend in Deutschland erst im Jahr 2019 im Rahmen einer neuen EU-Regelung für energieneutrales Bauen zu erwarten.
Unterschreitung der EnEV2009 um 50 Prozent
Konkret bedeutet die Neuregelung, dass bei allen neuen Bauprojekten die Gebäude so zu errichten sind, dass die Gebäudehülle die Anforderungen der seit Oktober 2009 gültigen Energieeinsparverordnung für Gebäude (EnEV 2009) im Mittel um 50 Prozent unterschreitet. Dieser Richtwert entspricht Passivhausniveau. Bereits laufende Bauvorhaben werden von der hessischen Bauverwaltung derzeit dahingehend überprüft, ob die verschärften Energie-Standards nachträglich angewendet werden können. Der dann noch nötige Primärenergiebedarf ist vorrangig durch die Optimierung von Gebäude und Anlagentechnik zu vermindern. Mehrkosten bei den Baumaßnahmen werden auf rund 10 Prozent geschätzt. „Die höhere Energieeffizienz der Gebäude lässt aber eine deutliche Minderung der Betriebskosten und damit langfristig größere Wirtschaftlichkeit erwarten“, so der Finanzminister.
Energieeffizient sanieren oder umziehen
Auch für Baumaßnahmen im Bestand der Landesbauten wurden neue Standards festgelegt. Energetische Grundsanierungen von Gebäuden werden künftig mit dem Ziel ausgeführt, keinen Gebrauch mehr zu machen von der in der EnEV verankerten Möglichkeit einer Abschwächung der energetischen Anforderungen. Falls sich dies technisch als zu aufwendig oder als unwirtschaftlich darstellt, wird eine energieeffizientere Unterbringung an anderem Ort geprüft. Neuanmietungen für Zwecke der Landesverwaltung orientieren sich hinsichtlich der Energieeffizienz ebenfalls an den neuen Standards.
Ökologischen Baurichtlinien - nachhaltige Beschaffung
Flankierend zu den neuen ökologischen Baurichtlinien hat die Landesregierung Grundsätze für eine nachhaltige Beschaffung beschlossen. Im Hinblick auf die energiepolitischen Ziele des Landes heißt das, dass vor der Durchführung von Beschaffungsmaßnahmen zu überprüfen ist, ob ein Produkt die noch festzulegenden verbindlichen Kriterien für Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit erfüllt. So ist bereits bei der Gestaltung der Vergabeunterlagen durch die Leistungsbeschreibung sicher zu stellen, dass der Energieverbrauch eines Produktes den verschärften hessischen Anforderungen entsprechen muss.
Eine weitere Säule der von Ministerpräsident Roland Koch im Jahr 2008 ins Leben gerufenen Nachhaltigkeitsstrategie ist die Umstellung aller Liegenschaften des Landes und Ampelanlagen auf Ökostrom. So sollen jährlich 161 000 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Ferner hatte die Landesregierung im April Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbarer Energien durch ein neues Bürgschaftsprogramm den Zugang zu Kreditmitteln erleichtert. Im März hatte Finanzminister Weimar mit 16 bedeutenden Unternehmen eine Kooperation zum Thema Nachhaltigkeit gestartet sowie einen Energiesparwettbewerb ins Leben gerufen, an dem 40 Landesliegenschaften teilnehmen. Lautenschläger und Weimar wiesen abschließend darauf hin, dass kein anderes Bundesland das Ziel einer CO2-neutralen Landesverwaltung derart umfassend voran treibe. Diese ökologisch äußerst ambitionierte Strategie sei ein „Alleinstellungsmerkmal der Hessischen Landesregierung“.
Quelle: Ministerium der Finanzen | Bildnachweis: moonrun - Fotolia.com