Spontane Auskünfte: Gratwanderung zwischen Gefälligkeit und Beratungsleistung

News-Artikel vom 2010-08-22priority

Jeder kennt die Situation aus seiner Praxis: Ein kurzer Anruf mit der Bitte um eine telefonische Auskunft zu einer Sanierungsmaßnahme, zur Materialauswahl oder zu einem Förderprogramm. Ohne die Möglichkeit der Vorbereitung oder eines umfassenden Überblicks werden oftmals mit dem Verweis auf die Unverbindlichkeit spontane Auskünfte erteilt. Natürlich weiß man um die Wirkung solcher "kostenloser" Dienstleistungen und verbucht Sie gern unter Aquise. Hier droht jedoch ein ungewollter und haftungsrechtlich relevanter stillschweigender Abschluss eines Auskunfts- oder Beratungsvertrags.


Wichtig: Unentgeltlichkeit ist nicht gleichbedeutend mit einer (unverbindlichen) Gefälligkeit!


Die Tatsache, dass sich der Auskunftgeber für seinen Rat nicht bezahlen lässt, spricht nicht gegen den Abschluss eines verbindlichen Vertrags mit Haftungsfolge (BGH, Urteil v. 21.12.1989, IX ZR 234/88).

Wann liegt ein (stillschweigender) Beratungsvertrag vor


In der Rechtsprechung wird unter Würdung der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles immer dann von einem Haftungsfall ausgegangen, wenn bestimmte Indizien auf einen Rechtsbindungswillen der Parteien schließen lassen.

Für einen (stillschweigenden) Beratungsvertrag sprechen u.a. folgende Umstände:

  • Die Auskunft ist für den Anfragenden von erkennbar erheblicher wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung und
     
  • er will sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen;
     
  • der Auskunftgeber ist für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig oder verfolgt mit der Auskunft ein eigenes wirtschaftliches Interesse (BGH, Urteil v. 22.7.2004, IX ZR 132/03).

Das Vorliegen dieser Randbedingunen spricht jedoch keinesfalls automatisch für einen wirksam geschlossenen Beratungsvertrag vor - alle anderen Umstände müssen mit in die Bewertung einfließen.

Beispiel für einen Vertragsschluss


Einen Vertragsschluss hat der BGH beispielsweise bei folgenden Szenarien angenommen:

  • Der Auskunftgeber wurde zu Vertragsverhandlungen auf Verlangen desjenigen, der die Auskunft in Anspruch genommen hat, hinzugezogen (BGH, Urteil v. 25.10.1966, VI ZR 8/65).
     
  • der Auskunftgeber wurde in solchen Verhandlungen als unabhängige neutrale Person einbezogen (BGH, Urteil v. 18.1.1972, VI ZR 184/70).
     
  • der Auskunftgeber hat ein besonderes persönliches Engagement dadurch gezeigt, dass er Zusicherungen nach Art einer Garantieübernahme machte;
     
  • zwischen Auskunftgeber und –empfänger bestand bereits eine anderweitige Vertragsbeziehung (BGH, Urteil v. 14.11.1968, VII ZR 51/679).



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