Anforderung der DIN 4426: Dauerhafte Verankerungssysteme in Fassaden und WDVS

News-Artikel vom 2010-07-31priority

Fassaden werden zunehmend mit Wärmedämmverbundsystemen bekleidet, deren Aufbauten bedingt durch die verschärften energetischen Anforderungen der EnEV immer dicker werden. Dies hat zur Konsequenz, dass Bauherren und deren Bauleitungen häufig von den Gerüstbauern fordern, Verankerungsmittel (Ringösenschrauben ) für Arbeits-und Schutzgerüste mit Schaftlängen von bis zu 50 cm einzubauen, um einen ungestörten Einbau der Dämmplatten zu ermöglichen.
Ankerschrauben mit großen Schaftlängen verformen sich jedoch zwangsläufig, wenn Windlasten auf das Gerüst einwirken. Diese Verformungen der Ankermittel können den Dämmsystemen erhebliche Schäden zufügen.


Insbesondere sollten Bauherr und Planer bedenken, dass das Bauwerk zu einem späteren Zeitpunkt für Schönheitsreparaturen und/oder Sanierungsarbeiten wieder eingerüstet werden muss. Wenn keine dauerhaften Verankerungssysteme in der Fassade vorhanden sind, so wird jede spätere Einrüstung zu Schäden am WDVS führen müssen.


Verformung der Ankermittel können Dämmsystem beschädigen


Ein an langen Ringösenschrauben befestigtes Gerüst muss sich - ungeachtet der Tatsache, dass eine solche Ausführung nicht standsicher ist - unter Einwirkung von Windlasten zwangsläufig bewegen. Die Verformungen der Ankerschraube verursacht Schäden in der Wärmedämmung. Die durch die verformten Anker entstehenden trichterförmigen Schadstellen führen zu Wärmebrücken und haben optische Beeinträchtigungen zur Folge. Diese Schäden können nur dann vermieden werden, wenn entweder Daueranker eingebaut werden oder die parallel zur Fassade wirkenden Kräfte durch geeignete andere konstruktive Maßnahmen aufgenommen werden können, sodass eine Verformung der Ankermittel in der Wärmedämmung ausgeschlossen wird.


Gerüstverankerungen müssen Kräfte parallel zur Fassade aufnehmen


Die bauaufsichtlich eingeführten technischen Regelwerke -insbesondere die Normenreihen DIN EN 12 810 und DIN EN 12 811 -und die Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen der für den Bau von Fassadengerüsten eingesetzten Systemgerüste schreiben zwingend vor, dass den Gerüstankern Lasten parallel zur Fassade (d. h. in Längsrichtung der Belagebenen) zugewiesen werden müssen. Für die in den Zulassungsbescheiden beschriebenen Regelausführungen werden -abhängig von Fabrikat und Ausführung (Feldweiten, Ankerraster, unbekleidete oder bekleidete Variante, offene oder geschlossene Fassade)- den Ankern parallel zur Fassade Lasten von ca. 0,50 kN bis ca. 5,0 kN zugewiesen.
Bei einem Achsabstand von ca. 7 cm zwischen Ringöse und Veran¬kerungsgrund kann eine Ringösenschraube ∅ 12 mm maximal ca. 0,50 kN quer zu ihrer Achse aufnehmen. Bei Schaftlängen zwischen 20 cm und 40 cm hat die Schraube parallel zur Fassade praktisch keine Tragfähigkeit mehr. Ein solcher Zustand ist nicht standsicher und bedarf deshalb aufwändiger, kompensierender Zusatzmaßnahmen.

DIN 4426 fordert vom Bauherren, Daueranker für Gerüste vorzusehen


Die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung-BaustellV) fordert vom Bauherren, allgemeine Grundsätze zur Verhütung von Gefahren für Sicherheit und Gesundheit zu berücksichtigen. Zu diesen Grundsätzen zählt die Norm DIN 4426:2001-09: „Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege“. Sie legt unter Ziffer 7 „Verankerung von Gerüsten an Fassaden“ fest:

„Werden die tragenden Bauteile einer Außenwand mit Platten bekleidet, oder werden Vorhangfassaden angebracht, so sind dauerhaft eingebaute Verankerungsvorrichtungen für Fassadengerüste vorzusehen. Der verti¬kale Abstand zwischen den Verankerungsebenen darf 4,0 m nicht überschreiten, der horizontale Abstand der Vorrichtungen wird nicht festgelegt.

Die Vorrichtungen sind für folgende Kräfte zu bemessen:
  • rechtwinklig zur Fassade 2,25 kN je Meter Fassadenlänge,
  • parallel zur Fassade 0,75 kN je Meter Fassadenlänge.

Beträgt der vertikale Abstand weniger als 4,00 m, dürfen die Kräfte proportional abgemindert werden. An Gebäudekanten (z. B. Traufkanten, Gebäudeecken) sind die angegebenen Kräfte zu verdoppeln.

Auf Verankerungsvorrichtungen darf verzichtet werden, wenn
  • Fassadenbefahranlagen vorhanden sind oder
  • die Außenwandhöhe des Gebäudes 8,00 m nicht überschreitet.“

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) sind plattenartige Bekleidungen der Fassade. Insofern sind die genannten dauerhaften Ankersysteme auch bei WDVS vorzusehen. Der Einbau dieser Daueranker ist keine im Berufsbild des Gerüstbauer-Handwerks enthaltene Leistung und muss von Fachbetrieben des Fassadenbaus realisiert werden.

Daueranker sind Stand der Technik - „langen Ankerschrauben“ nur mit Zusatzkonstruktion


Die durch die verformten Ankerschrauben entstehenden trichterförmigen Schadstellen führen zu Wärmebrücken und zu optische Beeinträchtigungen. Diese Schäden können nur dann vermieden werden, wenn entweder Daueranker eingebaut werden oder die parallel zur Fassade wirkenden Kräfte durch geeignete andere konstruktive Maßnahmen aufgenommen werden können, sodass eine Verformung der Ankermittel in der Wärmedämmung ausgeschlossen wird.

Wenn ein Bauherr und/oder ein Planer – trotz der guten Gründe, die für Daueranker sprechen – darauf besteht, dass das Gerüst mit „langen Ankerschrauben“ ausgeführt werden soll, so ist dies bei Einhaltung des in den technischen Regelwerken geforderten Sicherheitsniveaus technisch nur dann möglich, wenn entsprechende Konstruktionen zur Aufnahme der parallel zur Fassade wirkenden Lasten ausgeführt werden (z. B. Umleitung der Kräfte parallel zur Fassade über fachwerkartige Rohr-Kupplungskonstruktionen unter den Belagebenen im Eckbereich des Gerüstes in Anker, die lotrecht zur betrachteten Fassade eingebaut sind; Stirnseitige Verankerung des Gerüstes in Erkern, Balkonen o. ä.). Ohne derartige Konstruktionen ist das mit „langen Ankern“ ausgeführte Gerüst nicht standsicher. Diese Zusatzkonstruktionen sind jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden und müssen gesondert vergütet werden!


Quelle: Merkblatt zur Verankerungvon Arbeits-und Schutzgerüstenin Fassaden mit Wärmedämmverbundsystemen, Güteschutzverband Stahlgerüstbau e. V.

Bildnachweis: WestPic - Fotolia.com