Wohnungslüftung: Notwendigen Luftwechsel sicherstellen - Haftungsrisiko!

News-Artikel vom 2010-07-09priority

Die aktualisierte Lüftungsnorm DIN 1946-6 ist für alle am Bau Beteiligten verbindlich. Sie schafft Regeln für die Belüftung von Wohngebäuden (Neubauten und Sanierungen) und legt Grenzwerte sowie Berechnungsmethoden für den notwendigen Luftaustausch fest. Sie definiert somit erstmalig ein Nachweisverfahren, ob eine lüftungstechnische Maßnahme für ein Gebäude erforderlich ist. Wer auf der sicheren Seite sein will, plant so, dass bei einem realistisch eingeschätzten Lüftungsverhalten der Menschen der hygienische Luftaustausch sicher gestellt ist - damit wird für Planer und Vermieter ein Stück Rechtssicherheit geschaffen. Der Bundesverband für Wohnungslüftung e.V. bietet Ihnen dazu u.a. ein Planungstool Lüftungskonzept (Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen nach DIN 1946-6) zum kostenlosen Download sowie ein Merkblatt "VFW Info zur DIN 1946-6 und zum Lüftungskonzept" und Infos zu dem Rechtsgutachten „Haftungsrisiken bei Wohngebäuden ohne Lüftungsanlage“ an.

DIN 1946-6: Lüftungskonzept und Lüftungsstufen

Die DIN 1946-6 verlangt jetzt die Erstellung eines Lüftungskonzeptes für Neubauten und Renovierungen. Für letztere ist ein Lüftungskonzept notwendig, wenn im Ein- und Mehrfamilienhaus mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster ausgetauscht bzw. im Einfamilienhaus mehr als ein Drittel der Dachfläche neu abgedichtet werden.
Für den Planer/Ausführenden bedeutet dies Anforderung, dass ein Konzept erarbeitet werden muss, wie aus Sicht der Hygiene und des Bauschutzes der notwendige Luftaustausch erfolgen kann. Das Lüftungskonzept kann von jedem Fachmann erstellt werden, der in der Planung, der Ausführung oder der Instandhaltung von lüftungstechnischen Maßnahmen oder in der Planung und Modernisierung von Gebäuden tätig ist.

Kernstück der Norm ist die Festlegung von vier Lüftungsstufen unterschiedlicher Intensität:

  • Lüftung zum Feuchteschutz
    Lüftung in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau des Gebäudes zur Gewährleistung des Bautenschutzes (Feuchte) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teilweise reduzierten Feuchtelasten (z. B. zeitweilige Abwesenheit der Nutzer, Verzicht auf Wäschetrocknen). Diese Stufe muss gemäß Norm ständig und nutzerunabhängig sicher gestellt sein
     
  • Reduzierte Lüftung
    Zusätzlich notwendige Lüftung zur Gewährleistung des hygienischen Mindeststandards (Schadstoffbelastung) und Bautenschutzes bei zeitweiliger Abwesenheit des Nutzers. Diese Stufe muss weitestgehend nutzerunabhängig sicher gestellt sein.
     
  • Nennlüftung
    Beschreibt die notwendige Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse sowie des Bautenschutzes bei Normalnutzung der Wohnung. Der Nutzer kann hierzu teilweise mit aktiver Fenster-lüftung herangezogen werden.
     
  • Intensivlüftung
    Dient dem Abbau von Lastspitzen (z. B. durch Kochen, Waschen) und auch hier kann der Nutzer teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden.


Rechtsgutachten - Ergebnis kurz und knapp


Planer und Bauausführende, die bei Neubau oder Renovierung eines Wohnhauses auf eine kontrollierte Lüftungsanlage verzichten, setzen sich Haftungsrisiken aus. Zwar kann heute noch nicht zuverlässig davon ausgegangen werden, dass eine Lüftungsanlage zwingend erforderlich ist, doch birgt die Alternative, den vorgeschriebenen Luftaustausch allein der zusätzlichen Fensterlüftung der Bewohner zu überlassen, erhebliche rechtliche Risiken.

Haftungsrisiken für den Vermieter

Nach glaubhafter Mitteilung des Mieterverbandes werden rund die Hälfte aller Konflikte um Mietminderung durch Schimmelpilze ausgelöst. Der Vermieter darf aber die Probleme, die mit immer luftdichteren Wohnungen geschaffen werden, nicht einfach auf den Mieter verlagern. Der Vermieter wird von seiner Verantwortung nicht frei,wenn er unzumutbare Lüftungsmaßnahmen verlangt. Er muß auf die sozialen Gegebenheiten, das Wohnungen über den Tag leer stehen, also nur morgens und abendsgelüftet werden, Rücksicht nehmen.
Die Minimalforderung von Raumhygieneexperten sind vier bis sechs Stoßlüftungen am Tag durch das Öffnen der Fenster für ca. zehn  Minuten. Manche fordern sogar die Fenster alle zwei Stunden zu  öffnen – auch nachts! Dies ist einem Mieter nicht zuzumuten, so die meisten einschlägigen Gerichtsurteile: Eine Wohnung müsse so beschaffen sein, dass bei  einem üblichen Wohnverhalten die erforderliche Raumluftqualität ohne besondere Lüftungsmaßnahmen gewährleistet ist.
 

Haftungsrisiken für den Planer


Auch wenn aus den allgemein anerkannten Regeln der Technik das Erfordernis lüftungstechnischer Maßnahmen derzeit noch nicht zwingend abgeleitet werden kann, nützt es im Falle einer Klage dem Planer oder Bauausführenden wenig, wenn er nachweisen kann, sich an diese gehalten zu haben. Für die Frage der Haftung kommt es nämlich entscheidend darauf an, welche Beschaffenheit unter Umständen auch stillschweigend vorausgesetzt wurde und ob sich das Gebäude für die beabsichtigten Wohnzwecke auch eignet. Ist dem Auftragnehmer bekannt oder ist zu erwarten, dass sein Kunde berufsbedingt zwölf Stunden am Tag nicht zu Hause ist, entspricht eine Wohnung, die alle zwei Stunden gelüftet werden muss, nicht den beabsichtigten Wohnzwecken.



Quelle: Bundesverband für Wohnungslüftung e.V.